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10 Jahre Darmkrebs-Sammlung

  • Fakultät für Naturwissenschaften, Technologie und Medizin (FSTM)
    Universität / Zentralverwaltung und Rektorat
    16 April 2021
  • Kategorie
    Forschung, Universität
  • Thema
    Lebenswissenscha​ften & Medizin

Die 2011 von der Universität Luxemburg und der Integrierten Biobank Luxemburg (IBBL) als gemeinschaftliche Aktion gegen Darmkrebs initiierte Sammlung von Tumorproben aus verschiedenen luxemburgischen Krankenhäusern hat es ermöglicht, mehrere Forschungsprojekte zu starten, die bereits vielversprechende Ergebnisse für die Behandlung von Darmkrebspatienten/innen liefern.

Prof. Serge Haan und Dr. Elisabeth Letellier vom Fachbereich Lebenswissenscha​ften und Medizin (DLSM) der Universität Luxemburg, die das Projekt 2011 ins Leben gerufen haben, erläutern die Bedeutung einer solchen Sammlung genauer.

Wie hat die Sammlung begonnen?

Im Jahr 2010 haben wir uns mit Dr. Jos Even vom Laboratoire National de Santé (LNS) und dem wissenschaftlichen Leitungsteam der Integrated Biobank of Luxembourg (IBBL) zusammengetan, um Darmkrebs durch den Aufbau einer hochwertigen Gewebesammlung von Darmkrebspatienten in Luxemburg zu untersuchen. Die IBBL hat im Rahmen ihrer Mission, der luxemburgischen Forschungsgemeinschaft zu dienen, positiv reagiert und beschlossen, diese Sammlung zu einer ihrer strategischen Initiativen zu machen. Das Projekt begann mit der Unterstützung der Fondation Cancer und des Fonds National de la Recherche (FNR). Im Laufe der Jahre ist die Sammlung mithilfe mehrerer Forschungsprojekte und der Unterstützung vieler Partner wie dem Laboratoire National de Santé (LNS), dem Centre d’Investigation et d’Épidémiologie Clinique (CIEC/LIH) und dem Centre Hospitalier Emile Mayrisch (CHEM) deutlich gewachsen.

Wie ist der aktuelle Stand der Sammlung?

In den vergangenen Jahren haben wir eine kontinuierliche Sammlung von Tumorgewebeproben von Darmkrebs-Patienten/innen aufgebaut und dabei qualitativ hochwertige Proben von über 170 Patienten/innen gesammelt. Diese Sammlung enthält eine Vielzahl von Probentypen, wie z.B. Serum, Plasma, Immunzellen, Stuhl und Tumorgewebe und normale Gegenstücke von denselben Patienten/innen. Für alle Proben sind klinische Parameter verfügbar (Alter, Geschlecht, Tumorlokalisation, Überleben, Ernährungsumfrage, Therapien, etc.), die Studien ermöglichen, die sehr wertvolle translationale Erkenntnisse generieren können. Präanalytische Faktoren, wie die kalte und warme Ischämiezeit, der Bristol-Score sowie Ernährungsfragebögen werden zusammen mit den Proben gesammelt.

Wir machen ein jährliches Follow-up mit diesen Patienten/innen 5 Jahre lang und die klinischen Daten werden für mehr als 10 Jahre gesammelt. Da das Fortschreiten von Darmkrebs über 10 Jahre dauert, sind Proben und Daten (Überleben, Behandlung etc…) über 10 Jahre erforderlich, um eine klinisch relevante Sammlung zu haben. Deshalb ist der Aufbau einer solchen Kohorte ein zukunftsweisendes Projekt, das in den nächsten Jahren viele wichtige translationale Erkenntnisse im Bereich der gastrointestinalen Karzinome liefern wird.

Welchen Wert hat die Sammlung?

Die Sammlung ermöglicht es, Ergebnisse zu generieren, die in eine klinische Umgebung übersetzt werden können. Wichtig ist, dass diese Kohorte einen einzigartigen Mehrwert hat, basierend auf (i) vollständigen Probensätzen, (ii) vollständiger präanalytischer Dokumentation und Charakterisierung, (iii) longitudinalen Follow-up-Proben, (iv) erweiterten klinischen Datenannotationen, (v) Qualitätskontrollmessungen. Da wir sowohl die Tumorzellen als auch die verschiedenen Zellen der Tumormikroumgebung sammeln, können wir im Labor „kleine Tumore“ erzeugen, die den ursprünglichen Tumor gut rekapitulieren. Diese Modelle erlauben es uns, die Mechanismen zu untersuchen, die der Tumorinitiation und -progression zugrunde liegen, aber auch die Entwicklung neuer Medikamente, die nicht nur auf die Tumorzellen, sondern auch auf die Mikroumgebung des Tumors abzielen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die letzten Jahre deutlich gezeigt haben, dass die Mikroumgebung des Tumors eine Schlüsselrolle bei der Tumorprogression spielt. Der Aufbau dieser komplexen Tumormodelle aus dem Material eines/r Patienten/in ermöglicht es, Medikamente zu entwickeln, die spezifisch für diese/n Patienten/in sind. Im Wesentlichen wird dadurch die personalisierte Medizin gefördert.

In den vergangenen Jahren haben wir umfangreiches Wissen in der Verwertung der mit den Proben der Kohorte generierten Ergebnisse erworben. Zum Beispiel haben wir durch die Verwendung unserer Darmkrebs-Kohorte vielversprechende Biomarker mit einem starken prognostischen Wert in frühen Darmkrebs-Stadien identifiziert. Einer unserer kürzlich identifizierten Biomarker hat zur Einreichung eines Patents auf neuartige Biomarker für die Krebsdiagnose, -vorhersage oder -stadienbestimmung geführt. Zusammen mit dem IBBL haben wir eine Proof-of-Concept-Finanzierung von der FNR erhalten, um einen der identifizierten Biomarker für den klinischen Einsatz zu testen.

Wie sieht die Zukunft der Sammlung aus?

Wir haben in Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppen an der Universität, aber auch dem LIH und internationalen Partnern bereits mehrere Forschungsprojekte initiiert, die die Proben aus der Kohorte oder die daraus abgeleiteten Kulturen verwenden. Zum Beispiel wurde IBBL eingeladen, an einem europäischen Projekt teilzunehmen, das teilweise auf dem Wert unserer Sammlung basiert. Diese Werkzeuge sind wichtig, um hohe translationale Ergebnisse zu erzielen. Darüber hinaus haben wir an der Universität eine Biobank etabliert, die 3D-Sphäroid-Kulturen, Organoide, aber auch Zellen der Tumormikroumgebung wie Fibroblasten enthält. Diese Biobank kann von Forschern/innen genutzt werden, um sowohl mechanistische Studien als auch Drug Profiling oder Biomarker-Studien durchzuführen.

Wir würden diese Kohorte gerne erweitern und weitere Krankenhäuser einbeziehen, wie z.B. das Hôpitaux Robert Schuman, Centre Hospitalier de Luxembourg und Centre Hospitalier du Nord. Unser zukünftiges Ziel ist es, diese Kohorte in den Nationalen Krebsplan aufzunehmen und sie als nationale Kohorte weiterzuentwickeln, die von allen Forschern/innen in Luxemburg und im Ausland genutzt werden kann.