Thema Engineering
- Mit datengestützter Simulation hin zu einer computergestützten Chirurgie
- Praxisnah in Sachen Lasertechnologie, Robotik und Lean Management
Mit datengestützter Simulation hin zu einer computergestützten Chirurgie
Stéphane Bordas
Eigentlich ist Stéphane Bordas Bauingenieur. An der Spitze der Computational Sciences Research Priority der Universität Luxemburg liegen seine Arbeitsschwerpunkte mittlerweile auf computergestützter Mechanik, und hier vor allem auf Anwendungen in den Bereichen Luft- und Raumfahrttechnik bzw. Bio-Engineering.
Eines der zentralen Ziele von Stéphane Bordas’ Arbeitsgruppe ist es, vorab erstellte Computermodelle mit während der Operation eines Systems gewonnenen Echtzeit-Daten anzureichern. Diese Daten zu nutzen, ist von fundamentaler Bedeutung z.B. mit Blick auf die Simulation chirurgischer Eingriffe. Dies gilt um so mehr, als sich In vivo-Experimente allein schon aus ethischen Gründen verbieten und das Verhalten von menschlichem Gewebe erst dann analysiert werden kann, wenn dieses bereits extrahiert wurde. Vor diesem Hintergrund hat der Franzose bereits 2008 mit der Entwicklung von Methoden begonnen, mit denen sich chirurgische Eingriffe – also z.B. das Schneiden und Reißen von Gewebe bzw. das Einführen von Nadeln – simulieren lassen.
Stéphane Bordas ist Professor an der Forschungseinheit Ingenieurswissenschaften der Universität. Er leitet dort das Legato Team, das ‚intuitive, interaktive Plattformen zur Lösung von Problemen der computergestützten Mechanik liefert, auf deren Basis User mit ihren Modellen interagieren und Einblicke in unkonventionelle und konterintuitive Phänomene gewinnen können.“ Stéphane Bordas und sein Team arbeiten mit der Universität Cardiff, dem Französischen Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung in Lille und Strasbourg (INRIA) sowie der University of Western Australia und Prof. Karol Miller zusammen. Ziel ist es, Chirurgen die Möglichkeit zu geben, sich auf komplexe Eingriffe vorzubereiten und ihnen maximale Informationen auch während der Operation zu liefern.
Präziser und realitätsnäher als hergebrachte Methoden
Zufall war im Spiel, als Stéphane Bordas das Thema chirurgische Simulation 2006 erstmals für sich entdeckte. Damals erkannte er, dass die computergestützte Mechanik die IT-Forschung, die auf dem Feld bereits stattfand, bestens ergänzen könnte: „Ein Chirurg lernt seinen Beruf klassischerweise dadurch, dass er Kollegen zuschaut bzw. durch praktische Übungen an künstlichem Gewebe oder an Leichen. Im Vergleich zu diesen hergebrachten Methoden liefert unsere Herangehensweise klare Messungen zu Präzision und Genauigkeit und hilft so dabei, das Präzisionsniveau einer bestimmten Berechnung zu erhöhen.
Unterstützung durch mehrere Forschungsstipendien
Stéphane Bordas hat neben Forschungsgeldern der britischen Royal Academy of Engineering und des Leverhulme Trust in 2012 auch das mit 1,35 Millionen Euro dotierte ERC (Europeqn Research Council) Starting Grant erhalten, um Echtzeit-Simulatoren für das Schneiden weicher Gewebe im Rahmen der Chirurgenausbildung zu entwickeln. Das ERC Consolidator Project inCERT wird derzeit auf seine Förderungswürdigkeit hin analysiert. Die Herausforderung des Projektes liegt darin, die Simulation und Unterstützung chirurgischer Abläufe besser auf die Bedingungen des jeweiligen Patienten abzustimmen. Stéphane Bordas: „Während zu Trainingszwecken generische Daten und Organe ausreichend sind, müssen bei echten Eingriffen spezifische Patientendaten verwendet werden.“ Deshalb zielt das Projekt darauf ab zu lernen, wie ein Maximum der während Operationen erzielten Daten verwendet werden kann, um einen Daten- und Wissensstand zu erzielen, der künftige Operationen unterstützt. Solche Daten könnten z.B. zur Entwicklung von Warnmechanismen zur Fehlervermeidung beitragen. Auch die Nutzung solcher Modelle bei der Steuerung bzw. Durchführung Roboter-unterstützter Eingriffe ist laut Stéphane Bordas denkbar.
Praxisnah in Sachen Lasertechnologie, Robotik und Lean Management
Peter Plapper
Peter Plapper hat in Autowerken weltweit die Fertigung geplant. Heute gibt er sein Wissen im Labor der Universität Luxemburg an angehende Ingenieure weiter. Seine Kernthemen sind dabei Montageroboter, Lean Management und Lasertechnologie – aus gutem Grund: „Die drei Themengebiete sind in der Praxis eng miteinander verbunden. In der Autoindustrie wird viel mit Lasern gearbeitet, z. B. beim Schweißen. Zudem stehen an Fließbändern Roboter, und Lean Management bedeutet: effizienter produzieren. Mit unseren Schwerpunkten helfen wir auch Luxemburger Unternehmen dabei, Produkte noch besser zu machen.“
Standort mit fließenden Grenzen zwischen Wirtschaft und Forschung
Mit diesem Ansatz steht Peter Plapper für die Praxisnähe, die einer der Eckpfeiler der Universität Luxemburg ist. Besonders gilt dies für die Ingenieure, die zudem den Vorteil haben, entsprechende Kooperationspartner direkt vor der Labortür zu finden: „Luxemburg hat in Sachen Automobilindustrie einige führende Unternehmen zu bieten. So befindet sich eines der beiden weltweiten Innovationszentren von Goodyear hier im Lande, und auch Delphi oder IEE sind jeweils führend in ihrem Bereich. All diese Firmen arbeiten eng mit der Universität zusammen, und das aufgrund der kurzen Wege schnell und unkompliziert.“
Die fließenden Grenzen zwischen Wirtschaft und Forschung sind es, die Luxemburg nach Meinung von Peter Plapper interessant machen. Die Abwesenheit von Berührungsängsten auf beiden Seiten sei ein Innovationstreiber, noch dazu ein logischer: „Im Ingenieurswesen lassen sich Forschung und Wirtschaft nicht trennen. Ingenieure arbeiten am Ende immer für die Industrie. Umgekehrt kommen Firmen nicht ohne Innovation aus. Und die entsteht in Laboren.“ So lasse sich dann auch im Großherzogtum das übergeordnete Ziel des Ingenieursberufs umsetzen, nämlich: „Bestehendes verbessern und verändern.“
Verändern und verbessern im Großen und im (vermeintlich) Kleinen
„Verändern und verbessern“: dieser Leitsatz gilt für Peter Plapper sowohl im Großen als auch im (vermeintlich) Kleinen: „Routine bei simplen Prozessen kann weitreichende negative Folgen haben. Deshalb können Verbesserungen gerade hier entscheidend im Wettbewerb sein.“ Grund genug, in einem Lean Management-Kurs während eines Semesters zu untersuchen, wie man die Produktion eines Lochers verbessern kann – was aber nur eine von vielen Facetten des Ingenieursstudiums an der Universität Luxemburg ist: „In unserem Lasertechnologie Kompetenzzentrum entwickeln wir neue Einsatzmöglichkeiten für Laser als Werkzeug. Und darüber hinaus bieten wir einwöchige Masterkurse in Robotik an.“