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Die Zukunft erforschen: über Forensik, Roboter, Menschen und mehr

  • Fakultät für Geisteswissenschaften, Erziehungswissenschaften und Sozialwissenschaften (FHSE)
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    Universität / Zentralverwaltung und Rektorat
    25 Februar 2021
  • Kategorie
    Forschung, Universität
  • Thema
    Lebenswissenscha​ften & Medizin

Sechs neue interdisziplinäre Forschungsprojekte haben eine mehrjährige Förderung im Rahmen des Förderinstruments Audacity des Institute for Advanced Studies der Universität erhalten.

Zusätzlich zu ihrer disziplinären Exzellenz ist die Universität bestrebt, ihren interdisziplinären Ansatz zu stärken, der sowohl für die Bearbeitung wichtiger wissenschaftlicher Fragen als auch großer gesellschaftlicher Herausforderungen von Bedeutung ist. Das neue Institute for Advanced Studies (IAS) der Universität ist ein konkretes Instrument zur Unterstützung dieser Ambition.

Die sechs neu ausgewählten Projekte befassen sich mit forensischer Genomik, dem Mikrobiom von Krebspatienten, dem Arbeitsplatzparadigma während COVID-19, der EU-Geldpolitik, Robotik und Automatisierung sowie Epilepsie.

Das gemeinsame Merkmal der ausgewählten Projekte ist ihr mutiger Ansatz, komplexe Herausforderungen zu lösen, indem sie die Vorteile interdisziplinärer Ansätze nutzen. Audacity zielt darauf ab, die Barrieren zwischen wissenschaftlichen Disziplinen und Sektoren zu überwinden und eine verstärkte Zusammenarbeit an der Spitze der Wissenschaft an der Universität Luxemburg zu fördern.

Die folgenden Projekte wurden in der Förderrunde 2020 ausgewählt und laufen während 2021 an.

CRIMTYP: Meet the Unknown – Die Zukunft der kriminalforensischen Genomik-Phänotypisierung

Während der letzten 15 Jahre hat die DNA-Sequenzierung die humangenetische Forschung revolutioniert. Es ist nun möglich, ein komplettes menschliches Genom kostengünstig und effizient zu sequenzieren. Neue Methoden eröffnen neue Möglichkeiten für das sogenannte Forensic DNA Phenotyping (FDP) – das Abschätzen äußerlich sichtbarer Merkmale einer Person, die an einem Tatort Spuren ihrer DNA hinterlassen hat – sowie die Untersuchung von vererbbaren Phänotypveränderungen zur Aufklärung von Verbrechen. FDP kann auf konkrete genetische Aspekte hinweisen: Eine Probe vom Tatort kann Informationen über Haar-, Haut- und Augenfarbe oder Alter, biogeografische Abstammung, geografische Herkunft, Verwandtschaft, Abstammung, Verhalten oder genetische Krankheiten des potenziellen Täters liefern. Diese revolutionäre Technik stellt die Rechtswissenschaft vor nie dagewesene Herausforderungen. Das interdisziplinäre Projekt beabsichtigt, Rechtswissenschaft und Genetik zu kombinieren, um die Zukunft der FDP zu ergründen und gleichzeitig die Privatsphäre der Bürger und das Recht auf ein faires Verfahren zu schützen.

Das Projekt CRIMTYP wird von Prof. Silvia Allegrezza und Dr. Patrick May geleitet.

CAMEOS: Krebs-Mikrobiom – Skalenübergreifende emergente Organisation und Stabilität

Trotz der jüngsten Durchbrüche auf dem Gebiet der Mikrobiome und der Krebsforschung bleibt deren Schnittstelle, das Krebs-Mikrobiom, bisher unerforscht. Ein wachsender Bestand an Grundlagen- und translationaler Forschung deutet darauf hin, dass das zugehörige Mikrobiom – die Gemeinschaft von Mikroorganismen, die auf und im menschlichen Körper leben – das Fortschreiten von Krebs beeinflussen und potenziell regulieren könnte, was sich entscheidend auf die Auswahl und Wirksamkeit von diagnostischen und therapeutischen Ansätzen auswirkt. Mit einem experimentellen skalenübergreifenden Bottom-up-Ansatz leistet CAMEOS Pionierarbeit in der interdisziplinären Erforschung des Krebs-Mikrobioms, das an einer spannenden Schnittstelle zwischen Physik, Biologie und maschinellem Lernen liegt.

Das Projekt CAMEOS wird von Prof. Anupam Sengupta und Dr. Elisabeth Letellier geleitet.

W@W: Wohlbefinden bei der Arbeit

Vor der COVID-19-Pandemie konzentrierte sich die Forschung zu den Grundrechten und dem Wohlbefinden von Arbeitnehmern hauptsächlich auf Bedenken, die durch die Digitalisierung hervorgerufen wurden, bedingt durch die allgegenwärtige Automatisierung der Arbeitswelt und das Aufkommen neuer technologischer Arbeitsformen. Mit dem Beginn der Pandemie hat sich der Fokus ausgeweitet. Die Überbeanspruchung wichtiger Arbeitnehmer und die Aussetzung oder eingeschränkte Telearbeit anderer leitete einen radikalen Wandel des Arbeitsparadigmas ein: Der Arbeitsplatz, wie wir ihn traditionell kannten, verschwand unerwartet und ließ Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen ohne stabilen Anker zurück. Politische Entscheidungsträger versuchen, auf solche Veränderungen schnell zu reagieren, indem sie die Einführung neuer Gesetze in Erwägung ziehen. Das W@W-Projekt zielt darauf ab, die politischen Entscheidungsträger mit empirischen Erkenntnissen über die Auswirkungen solcher Veränderungen auf die Regulierung der Arbeit und die Gesundheit und das Wohlbefinden von Arbeitnehmern im Laufe des Arbeitslebens zu unterstützen.

Das Projekt W@W wird von Prof. Luca Ratti, Prof. Claus Vögele und Prof. Anna Kornadt geleitet.

EMULEG: Die Steuerung der Geldpolitik: Das Legitimationsproblem der WWU

Die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Geldpolitik und im Recht und der Politik der Europäischen Union (EU) hat sich im letzten Jahrzehnt grundlegend verändert. Ähnlich wie bei der Staatsschuldenkrise steht die EZB auch im Jahr 2020 an vorderster Front, wenn es darum geht, wirtschaftspolitische Maßnahmen zu ergreifen, die für den Erhalt der Eurozone und der EU selbst unerlässlich sind. Obwohl sie bisher erfolgreich war, bleibt die Entwicklung der Entscheidungsfindung der EZB in Bezug auf ihre Legitimität problematisch. EMULEG schlägt vor, den institutionellen Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) neu zu definieren. Es analysiert, ob die Unabhängigkeit der EZB angesichts der zunehmenden Polarisierung der Meinungen über ihre Politik und der wachsenden Bedeutung ihrer Entscheidungen zu hoch ist und ob es bessere Alternativen gibt, um Unabhängigkeit und demokratische Legitimität wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Das Projekt EMULEG wird von Prof. Joana Mendes und Prof. Anna-Lena Högenauer geleitet.

TRANSCEND: Transformation der autonomen Navigation, Schwarmrobotik und Konstruktion durch Kodierung von Daten in Oberflächen

TRANSCEND zielt darauf ab, die Grundlage für eine Infrastruktur zu schaffen, die noch nicht existiert, aber benötigt wird, um mit den aufkommenden Trends in der Robotik und Automatisierung Schritt zu halten. Die langfristige Vision ist es, ein sicheres Zusammenleben von Robotern und Menschen in alltäglichen Kontexten zu ermöglichen, von eignen vier Wände bis hin zu Baustellen und belebten Stadtlandschaften. Das Herzstück ist die Optik der Cholesteric Spherical Reflectors (CSRs). Sie reflektieren unsichtbares ultraviolettes (UV) oder infrarotes (IR) Licht in alle Richtungen, was eine Erkennung von überall her ermöglicht, selbst in visuell komplexen und dynamischen Umgebungen, ohne Fehlalarme. Das Projektteam wird Oberflächen mit CSR-basierten Fiducial Markern – quasi unsichtbare QR-Codes – beschichten, die die physische Welt mit ihrer digitalen Repräsentation verbinden und eine zuverlässige, kostengünstige und energieeffiziente Machine-to-Machine- und Environment-to-Machine-Kommunikation ermöglichen. Die Technologie wird die Navigation und Echtzeit-Trajektorienoptimierung für Roboter, robotergestütztes Bauen und verantwortungsvollen Rückbau und Recycling unterstützen und so die Kreislaufwirtschaft fördern.

Das Projekt TRANSCEND wird von Prof. Jan Lagerwall und Prof. Holger Voos geleitet.

IDAE: Integrative Datenanalyse bei Epilepsie

Epilepsie ist die vierthäufigste neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende Anfälle und ein recht heterogenes klinisches Erscheinungsbild gekennzeichnet ist, wobei 30 % der Patienten nicht auf die verfügbaren medikamentösen Behandlungen ansprechen. IDEA adressiert diese Herausforderung, indem es neue Ansätze zur mechanistischen Datenintegration in der Biomedizin entwickelt und diese auf heterogene Datensätze zur Epilepsie anwendet, um eine verbesserte Patientenstratifizierung – die Einteilung einer potentiellen Patientengruppe in Untergruppen – zu ermöglichen. Das Projekt nutzt interpretierbare Machine-Learning-Methoden, um verfügbare heterogene Datensätze von Hirndynamik, Hirnzusammensetzung und Stoffwechselprofilen verschiedener genetischer Zebrafischmodelle zu integrieren, um zugrundeliegende Krankheitsmechanismen aufzudecken, die eine mechanistische Genotyp-Phänotyp-Relation identifizieren werden. Das Team wird die entwickelte Stratifizierungsstrategie, die auf der tiefen Phänotypisierung von Zebrafischen basiert, auf menschliche EEG-Daten anwenden und Stoffwechselprofil-Biomarker-Kandidaten liefern, die in zukünftigen translationalen Ansätzen validiert werden sollen.

Das Projekt IDAE wird von Prof. Alexander Skupin, Prof. Jacques Klein und Prof. Massimiliano Esposito geleitet.

AUDACITY ist eines der Förderinstrumente des Institute of Advanced Studies (IAS) der Universität. Das IAS wurde 2020 mit dem Ziel ins Leben gerufen, die interdisziplinäre Forschung der Universität zu stärken und das internationale Profil der Universität als exzellente Forschungsuniversität weiter zu festigen. Derzeit arbeiten Forscher der Universität an 10 Audacity-Projekten, die die Bereiche künstliche Intelligenz, Datenwissenschaft, Materialphysik, Robotik, Recht, Finanzen, Wirtschaft, Medizin, Mikrobiologie, Psychologie, Politik und Geschichte abdecken. Der nächste Aufruf für Audacity-Projekte findet im Juni 2021 statt.

Aufbauend auf ihren starken disziplinären Wurzeln nutzt die Universität interdisziplinäre Forschung als Katalysator, um neues Verständnis und Innovationen zu generieren, um die Lebensqualität und die Gesellschaft von morgen zu verbessern. Das Institut ist inspiriert von bestehenden universitären Institutes for Advanced Studies auf der internationalen Bühne, die für die Kombination von wissenschaftlicher Exzellenz, Interdisziplinarität und Internationalität sowie für den Austausch von Wissen und Erfahrung mit der Gesellschaft anerkannt sind. Als einziges IAS in einem Umkreis von 1000km wird das IAS als Leuchtturm für die Forschung in Luxemburg und der Großregion fungieren.