Projekt erforscht Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum mit Handy-App
![]() ![]() ![]() ![]() Veröffentlicht am Freitag, den 21. Oktober 2016
Sprache begegnet uns überall im Alltag. Egal wo, wohin und auf welche Weise wir uns im Raum bewegen, stets umgeben uns schriftlich fixierte Zeichen, an denen wir uns orientieren, die uns informieren oder sogar bestimmte Handlungen verbieten. Schriftzeichen werden zum Beispiel von Verwaltungen, Geschäften, Privatpersonen oder Künstlern angebracht – und im Falle von nicht autorisierten Beschriftungen wie Graffiti häufig auch wieder entfernt. Die Vielfalt von Beschriftungen im öffentlichen Raum, die sogenannte sprachliche Landschaft oder „linguistic landscape“, beschäftigt derzeit die Sprachwissenschaftler des Instituts für luxemburgische Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Luxemburg. „Einerseits widmen wir uns dabei der Frage, wie in einer Gesellschaft die Deutungshoheit über den öffentlichen Raum ausgehandelt wird, wer also wo und wie das Recht hat, Beschriftungen in der Öffentlichkeit anzubringen“, erklärt Dr. Christoph Purschke, Assistant-Chercheur am Institut für Luxemburgistik, sein Projekt. „Andererseits spielt in mehrsprachigen Gesellschaften wie der Luxemburger die Frage nach der Präsenz und Dominanz verschiedener Sprachen in der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle.“
Citizen ScienceIn diesem Zusammenhang untersucht Christoph Purschke gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Gilles den Anteil deutscher, französischer, luxemburgischer und portugiesischer Schilder und Beschriftungen in Luxemburg und den umliegenden Regionen. Aber auch die wachsende Bedeutung des Englischen im Alltag soll genauer erforscht werden. Der Clou des Projektes: Die Forscher wollen die Daten für ihre Untersuchung nicht allein erheben und auswerten, sondern mit tatkräftiger Unterstützung der Bevölkerung. Und zwar mittels der Smartphone App „Lingscape“, die kostenlos in den App Stores von Apple und Google heruntergeladen werden kann. „Als Forscher sind wir Teil der Gesellschaft, in der wir leben“, erläutert Purschke. „Deshalb interessiert uns die Perspektive der Bürger auf die sprachliche Landschaft ganz besonders.“ Man nennt dieses Verfahren auch Crowdsourcing oder Citizen Science.
Virtuelle Karte der sprachlichen LandschaftWelche Schilder im öffentlichen Raum fallen den Menschen auf? In welchen Sprachen sind diese beschriftet? Und wo genau stehen sie? Bei der Beantwortung dieser und anderer Fragen kann ab heute jeder die Forscher der Universität Luxemburg unterstützen. Die App „Lingscape“ bietet die Möglichkeit, mit dem Smartphone Fotos von Schildern und Beschriftungen im öffentlichen Raum zu machen und diese geographisch exakt auf eine interaktive Karte zu laden. Ebenso können die Nutzer in der App sehen, welche Schilder andere Nutzer bereits hochgeladen haben. Mit der Zeit soll so eine virtuelle Karte der luxemburgischen sprachlichen Landschaft entstehen. Die so gewonnenen Daten sollen anschließend mit Hilfe von Verfahren aus der Computerlinguistik ausgewertet werden.
Zu Beginn konzentriert sich das Projekt auf Luxemburg und die Nachbarländer. Herunterladen und benutzen können Nutzer die App aber bereits jetzt weltweit. verfügbar. Später planen die Wissenschaftler, das Projekt auf weitere Länder auszuweiten. „Luxemburg ist für uns natürlich von besonderem Interesse“, so Christoph Purschke. „Aber sprachliche Landschaften sind auf der ganzen Welt vielfältig und spannend. Deshalb wollen wir die App zu einem universellen Forschungstool auch für andere Projekte ausbauen.“ Cooperation with the Ministry of EducationAuch der Einsatz der App im Schulunterricht ist ein Ziel des Projekts. . Hierfür bereiten die Forscher derzeit eine offizielle Kooperation mit dem Erziehungsministerium vor. Zum einen können die Schüler mit der App für Mehrsprachigkeit und die komplexen Bedingungen ihrer gesellschaftlichen Verankerung sensibilisiert werden. Darüber hinaus kann der Umgang mit Bildern und Urheberrechten im Internet mit Lingscape anschaulich thematisiert werden. - - - Bildzeile: Christoph Purschke, © Michel Brumat / Universität Luxemburg |
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